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Luft im Darm kann den Bauch schmerzhaft aufblähen.

Von Winden gequält

Blähungen den Garaus machen

Nicht nur peinlich, sondern oft auch schmerzhaft: Zu viel Luft im Bauch verursacht neben oft lautstark abgehenden, unangenehm riechenden Winden auch Völlegefühl bis hin zu krampfartigen Schmerzen. Tröstlich ist, dass Blähungen häufig harmlos sind – und sich mit den richtigen Tricks auch gut in den Griff bekommen lassen. Lesen Sie, wie Sie den üblen Winden mit allerlei Hilfsmitteln aus Küche und Apotheke den Garaus machen.

Die meiste Darmluft wird abgeatmet

Luft im Darm ist ganz normal, da sie mit jeder Mahlzeit mit abgeschluckt wird. Auch bei den Verdauungsprozessen im Darm entstehen Gase, zum Beispiel Kohlendioxid, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Methan. Ein gesunder Darm schafft es, diese Luft weitgehend geruchsneutral und geräuschlos wieder loszuwerden. Der größte Teil der Gase gelangt über die Darmschleimhaut ins Blut und wird über die Lunge abgeatmet. Ein kleiner Teil verlässt den Darm über den Anus, in der Regel mit wenigen oder gar keinen Winden.

Bei zu viel Luft im Darm versagt dieses innere Entlüftungssystem jedoch. Und das kommt häufig vor: Etwa jeder fünfte Erwachsene leidet immer wieder unter einem aufgeblähten Bauch mit Spannungs- und Völlegefühl oder vermehrten Blähungen.

Hinweis: Auch wenn keiner darüber spricht: Darmwinde oder Pupser (medizinisch auch Flatus) produziert jeder. Normal sind bis zu 10 bis 20 pro Tag. Sind es mehr oder kommen Schmerzen dazu, sollte man den Winden auf den Grund gehen.

Hausgemachte Luftansammlungen

Es gibt sehr viele Gründe für die übermäßige Ansammlung von Luft im Darm. Die allermeisten davon sind harmlos, dazu gehören beispielsweise

  • Vermehrtes Luftschlucken, zum Beispiel durch zu hastiges Essen, Kaugummi-Kauen oder Zigarettenrauchen.
  • Zu üppige Mahlzeiten. Unsere Verdauung wird nur mit einer begrenzten Menge von Nahrung auf einmal fertig. Wird diese überschritten, können nicht alle Nahrungsbestandteile ausreichend aufgespalten werden, was Blähungen verursacht.
  • Blähende Speisen. Vor allem Zwiebeln, Kohl, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide beinhalten reichlich Faserstoffe, die der Darm nicht alleine aufspalten kann. Das übernehmen dann Dickdarmbakterien, die dabei aber viele Gasen produzieren.
  • Zu viel Stress. Unter Stress wird das sympathische Nervensystem aktiviert und das vegetative Nervensystem ausgebremst. Dadurch läuft die Verdauung auf Sparflamme und aufgenommene Nahrung wird vom Körper nicht richtig verarbeitet.
  • Kohlensäure-haltige Getränke. Bei Diäten sind kohlensäurehaltige Getränke beliebt, weil sie mit Ihren hohen Luftgehalt den Magen füllen – diese gelangt aber leider aber in den Darm und verursacht dort Blähungen.
  • Schwangerschaft. Das in der Schwangerschaft vermehrt freigesetzte Progesteron entspannt die Muskeln inklusive Darmmuskulatur. Dadurch wird der Darm träger und die Verdauung langsamer. In der späteren Schwangerschaft wird die Verdauung manchmal behindert, weil das an Größe und Gewicht zunehmende Kind auf den Darm der Mutter drückt.
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Bei Laktose- oder Fruktoseunverträglichkeit fehlen Betroffenen Enzyme oder Transportsysteme, die für eine normale Verdauung und Aufnahme dieser beiden Zucker verantwortlich sind. Die Zucker gelangen dann unverdaut in den Dickdarm und „füttern“ dort gasproduzierende Bakterien.

Hinweis: Vorsicht mit Zuckeraustauschstoffen wie zum Beispiel Sorbit. Der menschliche Darm kann nur etwa 20 bis 50 g davon am Tag aufnehmen, der Rest führt zu Verdauungsbeschwerden. Manche Menschen reagieren sogar schon auf wenige Gramm Sorbit mit Blähungen.

Blähungen durch Darmstörungen

Neben „hausgemachten“ Blähungen gibt es auch andere Ursachen für einen vermehrten Luftgehalt im Darm. Ein Grund ist die Einnahme von Medikamenten. Antibiotika oder Metformin können zu einer Fehlbesiedelung des Darms mit einer Überzahl gasbildender Bakterien und dadurch zu Blähungen führen. Die häufig eingenommenen Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol oder Pantoprazol machen manchmal Probleme, weil sie die Magensäure reduzieren. Das schützt zwar die Magenschleimhaut, führt aber auch zu einer geringeren Aufspaltung und Zersetzung der Nahrung im Magen und folglich zu Verdauungsproblemen.

Manchmal stecken auch ernstere Erkrankungen hinter den Blähungen. Auch wenn wie bei einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung die Verdauungsenzyme vermindert sind, gelangen zu viele unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm und werden dort unter Gasbildung von den Bakterien verwertet. Typisch sind Blähungen zudem bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wenn die geschädigte Darmschleimhaut die bei der Verdauung entstehenden Gase nicht mehr ausreichend aufnehmen kann.

Wann zum Arzt?

Nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte man Blähungen, wenn sie anhaltend sind und von starken Bauchschmerzen oder Krämpfen begleitet werden. Spätestens zum Arzt sollten Sie gehen, wenn sich auch der Stuhl verändert, zum Beispiel anhaltend weicher oder dünner oder häufiger wird. Zu den absoluten Alarmsignalen aus dem Darm gehören außerdem

  • nächtlicher Durchfall
  • Blut im Stuhl
  • Gewichtsverlust bei unveränderter Nahrungsaufnahme
  • Fieber.

Hinweis: Im schlimmsten Fall steckt hinter solchen Beschwerden ein Dickdarmkrebs. Besonders vorsichtig sollten Sie sein, wenn in Ihrer Familie Fälle bekannt sind. Berichten Sie Ihrem Arzt davon und nehmen Sie die Vorsorgeuntersuchungen wahr.

Selbsthilfe gefragt

Krankheitsverursachte Blähungen gehören therapeutisch in die Hand Ihres Arztes. In harmlosen Fällen spricht aber nichts gegen eine Selbstmedikation. Und hier haben Küche, Apotheke und Pflanzenmedizin einiges zu bieten.

Schnelle Abhilfe bei luftbedingtem Völle- und Spannungsgefühl im Bauch verschaffen die sogenannten Entschäumer. Dabei handelt es sich um Tenside, die die Oberflächenspannung herabsetzen und dadurch die Gasblasen im Darm platzen lassen. Die freien Gase können dann leichter von der Darmschleimhaut aufgenommen oder abtransportiert werden. Entschäumer haben den Vorteil, dass sie rein physikalisch wirken und nicht vom Körper aufgenommen werden. Es gibt sie in den verschiedensten Zubereitungen:

  • Kautabletten, zum Beispiel Simethicon-ratiopharm®85 für Kinder ab 6 Jahren und Erwachsene, sie sind gut zerkaut zu den Mahlzeiten einzunehmen
  • Tropfen oder Emulsionen, zum Beispiel Sab simplex®Tropfen oder Espumisan® Emulsion (beide ab dem Säuglingsalter, Einnahme zu oder nach den Mahlzeiten)
  • Weichkapseln, zum Beispiel Lefax®extra für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene, Einnahme zu oder nach den Mahlzeiten
  • Mikrogranulat, zum Beispiel Lefax®intens Lemon fresh Microgranulat für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene, Einnahme zu oder nach den Mahlzeiten.

Manche Entschäumer enthalten zusätzlich Verdauungsenzyme, zum Beispiel Enzym-Lefax®Kautabletten oder Meteozym®magensaftresistente Tabletten. Einen wissenschaftlichen Nachweis für ihre Wirksamkeit gibt es bisher nicht. Da viele Betroffenen trotzdem von der Entschäumer-Enzym-Kombi profitieren, lohnt sich ein Versuch damit durchaus.

Hinweis: Enzympräparate stammen aus Pankreasextrakten von Schweinen. Für Menschen, die zum Beispiel aus religiösen Gründen keine Produkte vom Schwein verzehren, sind sie deshalb nicht geeignet.

Tee und Gewürze gegen Blähungen

Viele Koch- oder Backrezepte sind so konzipiert, dass sie Blähungen entgegenwirken. So ist Kümmel eine beliebte Zutat, die die Verdauung beruhigt, zum Beispiel in Kümmelbrot oder als Zugabe zu schwer verdaulichem Kohl. Auch die ätherischen Öle des Fenchels unterstützen die Verdauung. Fenchelsamen zum Kauen werden z. B. in der indischen Küche nach einer Mahlzeit angeboten.

Viele dieser Gewürze wirken auch als Teezubereitungen. Allen voran Fenchel, Anis und Kümmel, die als Tee vor dem Essen getrunken die Verdauung anregen und bei schon bestehenden Blähungen entblähend und entlastend wirken.

Tipp: Wenn Sie Tee aus frischen Samen zubereiten, zerstoßen Sie diese kurz vor dem Überbrühen mit dem Mörser. Dadurch lösen sich die ätherischen Öle besser und die wohltuende Wirkung wird verstärkt.

Entbläher aus dem Pflanzenreich

Neben den Teezubereitungen stehen entblähende Wirkstoffe (sog. Karminativa) aus der Pflanzenwelt auch in Kapselform zur Verfügung. Hilfreich ist zum Beispiel die fixe Kombination Menthacarin (zum Beispiel Carmenthin®) aus Pfefferminzöl und Kümmelöl. Beide Wirkstoffe zusammen lösen Krämpfe und vermindern Völlegefühl und Blähungen. Zugelassen ist das Kombiprodukt für Jugendliche ab 12 und Erwachsene.

Auch Flüssigzubereitungen mit Pflanzenwirkstoffen kommen gegen Blähungen zum Einsatz, allen voran Präparate mit Bitterstoffen. Bitterstoffe regen über die Geschmacksrezeptoren die Magen- und Gallensaftsekretion an und wirken damit verdauungsfördernd. Häufig wird die verdauungsfördernde Eigenschaft von Enzian, Wermut oder Angelikawurzel mit krampflösenden Wirkstoffen aus Melisse und Kümmel kombiniert. Die Einnahme solcher Tropfen oder Lösungen erfolgt mehrmals täglich vor den Mahlzeiten, um ihre Wirkweise optimal auszunutzen. Beispiele für solche Mixturen sind die ethanolischen Extrakte Iberogast®flüssig oder Gastritol®liquid. Zu den Karminativa (Entblähern), die ohne alkoholisches Auszugsmittel gewonnen werden, gehören zum Beispiel Gastrovegetalin®Weichkapseln, Gelsectan®Kapseln oder Gastrovegetalin®Lösung.

Viele der pflanzlichen Entbläher dürfen nicht in der Schwangerschaft angewendet werden. Schwangere tun gut daran, sich bei Blähungen individuell von ihrem Frauenarzt oder Apotheker beraten zu lassen. Eine Therapieoption ist der oben genannte Entschäumer Simeticon, da er physikalisch wirkt und vom Organismus nicht aufgenommen wird.

Hinweis: Bitte keinen Magenbitter vor oder nach dem Essen! Weil sich der Stoffwechsel erst einmal um die Entgiftung des Alkohols kümmern muss, wird die Verdauung der Mahlzeit zunächst verzögert statt gefördert.

Was man noch tun kann

Neben Bitterstoffen und Entschäumern gibt es einige Verhaltensregeln, die den Bauch zur Ruhe bringen können. Allen voran sollten Sie alles vermeiden, was Blähungen fördert (siehe weiter oben im Text). Darüber hinaus hilft:

  • Genug bewegen. Bewegung unterstützt die Darmmotorik und damit den Abtransport der Gase. Empfehlenswert sind Verdauungsspaziergänge, leichte Gymnastik und auch die Massage des Bauches.
  • Stress abbauen und Seele baumeln lassen. Entspannung entspannt auch den Darm und lässt ihn besser verdauen.
  • Probiotika. Der Versuch die Darmflora mit „guten“ Bakterien auf Vordermann zu bringen kann durchaus helfen. Sie senken unter anderem den pH-Wert im Darm und hemmen dadurch das Wachstum unerwünschter Bakterien. Außerdem sollen sie die für die Verdauung erforderlichen Bewegungen des Darms fördern.
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten abklären lassen. Wenn Sie immer wieder auf Obst oder Milch mit Blähungen und Durchfall reagieren, könnte eine Fruktose- oder Laktoseintoleranz dahinterstecken. Einfache Tests beim Arzt schaffen Gewissheit.

Tipp: Jeder Mensch reagiert individuell auf Nahrungsmittel. Wenn die Ursache für Verdauungsstörungen nicht klar ist, führen Sie ein Ernährungstagebuch, um blähende Übeltäter herauszufinden und von dann ab zu meiden.

Quelle: DAZ 2018, Nr. 50 S. 36

22.02.2020 | Dr. med. Sonja Kempinski ; Inspiration GP/Shutterstock.com